Juni ist Pride Month. Ein Monat, um die LGBTQIA*-Community in den Mittelpunkt zu stellen, ihre Errungenschaften zu feiern und auf die Kämpfe aufmerksam zu machen, die sie immer noch ausfechten muss. Denn queere Menschen sind in viel zu vielen Ländern immer noch nicht gleichberechtigt und Hass und Queerfeindlichkeit ausgesetzt. Pride – Stolz – ist natürlich nicht nur dem Monat Juni vorbehalten! Aber es ist eine gute Gelegenheit, um ein paar Bücher mit queeren Figuren vorzustellen. Lest mal rein, lernt andere Perspektiven kennen und vor allem: tolle Bücher, deren Hauptfiguren ganz nebenbei halt auch queer sind.

Das Buch "Cinderella ist tot" von Kalynn Bayron liegt auf einem Hintergrund in den Farben der lesbischen Pride-Flagge.
© Julia Albrecht

1. Cinderella ist tot

“Cinderella ist tot” nähert sich dem Märchen von Cinderella mal ganz anders. Es ist keine Nacherzählung, es spielt 200 Jahre nach Cinderellas Happy End. Nach ihrem Vorbild müssen alle jungen Frauen beim königlichen Ball einen Partner finden – wem das nicht gelingt, wird ausgestoßen. Aber Sophia will keinen Mann, sie ist in ihre beste Freundin verliebt. Sie läuft davon und flüchtet in den verwunschenen Wald. Dort trifft sie die mysteriöse Constance, die sie dazu bringt, den Wahrheitsgehalt des Märchens zu hinterfragen… Doch was soll sie tun, wenn sie herausfindet, dass ihre ganze Gesellschaft auf einer Lüge aufgebaut ist?

Wie schön ist bitte das Cover dieses Buchs?? Ganz ehrlich, das allein wäre schon Grund genug für mich das Buch zu kaufen. Aber natürlich zählen auch die inneren Werte: eine mutige Protagonistin, die sich nicht davor scheut, die Regeln und Grenzen ihrer Gesellschaft zu hinterfragen. Eine queere Lovestory. Und eine feministische Sichtweise auf die Geschichte von Cinderella. “Cinderella ist tot” war rundum ein Highlight für mich.

Das Buch "This is our Rainbow" liegt auf einem Hintergrund in den Farben der bisexuellen Pride-Flagge.
© Julia Albrecht

2. This is our rainbow

Dieses Buch ist eine englische Kurzgeschichten-Sammlung von und mit queeren Menschen in allen Farben des Regenbogens. Geschichten über Drachen, Freundschaft oder Abenteuer, die eins gemeinsam haben: queere Kinder und Jugendliche als Hauptfiguren.

Gerade für Kinder und Jugendliche ist es unglaublich wichtig, sich selbst in Geschichten wiederfinden zu können. So lernen sie, dass sie nicht allein sind, dass es andere gibt, die genauso fühlen wie sie und dass das gut so ist. Und abgesehen davon sind es einfach wirklich süße, spannende und herzerwärmende Geschichten. (Das Buch gibt es allerdings bisher leider nur auf Englisch.)

3. Bianca Torre is afraid of everything

Das Buch "Bianca Torre is afraid of everything" von Justine Pucella Winans liegt auf einem Hintergrund in den Farben der nonbinären Pride-Flagge.
© Julia Albrecht

Bianca Torre hat ziemlich viele Ängste. Angst vor Schafen, vor Schauspiel-Kursen, davor, Gespräche anzufangen, davor, den eigenen Eltern zu erzählen, dass Bianca lesbisch ist und vor 50 anderen Dingen, die they in einer Rangliste sortiert hat und die dazu führen, dass Bianca am liebsten im Zimmer bleibt und die Nachbarn durchs Fenster beobachtet, anstatt sie tatsächlich zu treffen. Als Bianca jedoch sieht, wie der Nachbar von gegenüber von einer Person mit einer Pestmaske ermordet wird und die Polizei nicht ermittelt, weil sie es als Selbstmord einstuft, nimmt they die Sache selbst in die Hand. Zusammen mit Biancas Freund Anderson versucht they, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen – und gerät dabei auf einmal selbst in die Schusslinie des Mörders. Dass Bianca außerdem in ein Mädchen der Vogelbeobachtungs-Wandergruppe verliebt ist und gleichzeitig eine Gender-Identiätskrise bekommt, macht die Sache nicht gerade einfacher.

Justine Winans Schreibstil ist einfach großartig. Bianca begegnet der Liste an Ängsten mit viel Selbstironie und lässt sich letztendlich nicht von ihnen aufhalten. Dieses Buch ist die perfekte Mischung aus einem spannenden Jugendthriller, queerem Comin-of-Age und einer Geschichte über Freundschaft. Es ist witzig und spannend und noch dazu ist es für mich der erste Roman mit einer nonbinären Hauptfigur. Den Einblick in Biancas Gedanken zum Thema Gender und der Realisation, dass they nicht binär ist fand ich sehr bereichernd. Im Lauf der Geschichte erkennt Bianca, dass they sich mit den Pronomen sie/ihr (bzw. she/her) unwohl fühlt. Da das Buch auf Englisch geschrieben ist, wechselt Biance einfach zu den Pronomen “they/them”, die dort schon lange als geschelchtsneutrales Pronomen etabliert sind. Im Deutschen ist das noch nicht ganz so leicht, einige Menschen verwenden they/them, andere sie*r, sie:r oder Neopronomen wie xier. Ich habe hier die englischen Pronomen benutzt, weil sie sich für meinen persönlichen Geschmack am Besten einfügen. Letztendlich ist es aber immer am Besten, eine Person zu fragen, welche Pronomen man benutzen soll – und sich selbst mit den eigenen Pronomen vorzustellen, um zu normalisieren, nach den Pronomen des Gegenübers zu fragen.

4. Heartstopper

Der erste Band der Graphic Novel "Heartstopper" von Alice Oseman liegt auf einem regenbogenfarbenen Hintergrund.
© Julia Albrecht

Wer auch nur ein bisschen nach queerer Repräsentation in den Medien recherchiert, wird sofort auf Alice Oseman stoßen und das Phänomen, zu dem Heartstopper inzwischen geworden ist. Nicht nur die Graphic Novels, auch die Serienadaption auf Netflix ist zu einem Welthit geworden. Völlig zurecht. Alice Oseman erzählt die Geschichte von zwei Jungs, die sich ineinader verlieben mit so viel Feingefühl und Authentizität, dass sich queere Jugendliche auf der ganzen Welt in ihren Figuren finden. Es ist eine unglaublich süße Liebesgeschichte, die gleichzeitig nicht vor ernsten Themen zurückschreckt, beispielsweise psychische Erkrankungen und Queerfeindlichkeit.

Queerfeindlichkeit gehört leider zur Lebensrealität der meisten queeren Jugendlichen, aber was Heartstopper besonders macht, ist, dass es nicht das zentrale Thema ist. Ja, die Figuren hadern mit ihrem Umfeld, das sie teilweise nicht akzeptiert oder sogar schikaniert. Aber sie hadern nicht mit der Tatsache, dass sie sich ineinander verliebt haben. Das ist es, wovon es viel mehr geben müsste: Geschichten über queere Jugendliche, die glücklich verliebt sind. Die einen Freundeskreis haben, der sie akzeptiert und unterstützt. Solche Geschichten machen Mut und helfen allen, die nicht cis, hetero- und allosexuell sind, auf ihre Identität stolz zu sein. Heartstopper ist voll von Figuren der verschiedensten Geschlechtsidentitäten und sexuellen und romantischen Orientierungen, die genau das sind: einfach sie selbst, ohne sich entschuldigen, erklären oder rechtfertigen zu müssen. Es ist so schön zu wissen, dass künftige Generationen queerer Jugendlicher diese Geschichten haben werden, in denen sie sich wiederfinden können. Denn besonders queere Jugendliche haben Happy Ends verdient.

Ich könnte diesen ganzen Blogartikel nur Alice Oseman widmen, den sie schreibt die wunderbarsten Jugendbücher mit queeren Figuren.

Das Buch "Queergestreift" liegt auf einem Hintergrund in den arben der ace Pride Flagge.
© Julia Albrecht

5. Queer gestreift

Dieses Buch ist der perfekte Einstieg für alle, die sich noch nicht so wirklich mit Queerness befasst haben. Wer verwirrt ist, was denn diese ganzen Buchstaben von LGBTQIA+ überhaupt bedeuten, findet hier viele gut verständliche Erklärungen. “Queer gestreift” bietet einen Überblick über viele sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten. Besonders schön finde ich, dass es nicht nur erklärende Texte enthält, sondern zusätzlich auch Interviews mit queeren Personen, Listen mit Ressourcen und Checklisten für Verbündete und Familienmitglieder.

Absolut lesenswert!

6. Yadriel & Julian – Cemetery Boys

Yadriel ist ein Brujo, Teil einer magischen Gemeinschaft in Los Angeles, in der Frauen für Heilmagie zuständig sind und Männer dafür, die Toten sicher ins Jenseits zu geleiten. Vom jährlichen Initiationsritual für die jungen Brujos soll Yadriel jedoch ausgeschlossen werden, weil er trans ist und damit in den Augen seiner Gemeinschaft, keine “richtiger” Junge. Um allen das Gegenteil zu beweisen, versucht Yadriel, das Ritual selbst durchzuführen. Dabei beschwört er allerdings den Geist von Julian herauf, einem Jungen von seiner Schule, der unter ungeklärten Umständen gestorben ist. Yadriel verspricht, Julian zu helfen, mehr über seinen Tod herauszufinden, damit er friedlich ins Jenseits verschwindet. Doch je mehr Zeit sie miteinander verbringen, desto weniger weiß Yadriel, ob er Julian noch loswerden möchte…

Die Bücher "The Sunbearer Trials", "Sol" und "Yadriel&Julian" von Aiden Thomas liegen auf einem Hintergrund in den Farben der trans Pride Flagge.
© Julia Albrecht

Der Debüt-Roman von Aiden Thomas ist eines meiner absoluten Lieblingsbücher. Eine trans Hauptfigur, eine queere Lovestory und eine Geschichte über Magie, Familie und Akzeptanz. Ich habe so viel aus diesem Buch mitgenommen! Leider habe ich nicht das Gefühl, meine Liebe für dieses Buch angemessen in Worte fassen zu können, aber zum Glück hat das mein ehemaliger Kollege in der Stadtbibliothek Erlangen viel besser hinbekommen. Ich freue mich riesig, dass dieses großartige Buch für den Jugendliteraturpreis nominiert ist. Es hat wirklich jede Aufmerksamkeit und jede Auszeichnung verdient.

7. The Sunbearer Trials (Deutsch: Sol)

Im Reino del Sol müssen alle 10 Jahre junge Halbgött:innen in einem Wettkampf gegeneinander antreten, um herauszufinden, wer das Licht der Sonne tragen und damit die dunklen Gottheiten in Schach halten wird. Theo ist der Sohn einer niederen Gottheit und rechnet nicht im Traum damit, für den Wettkampf ausgewählt zu werden. Als es dann doch passiert, muss er sich plötzlich mit Halbgött:innen messen, die viel stärker sind als er. Trotzdem will er beweisen, dass auch Außenseiter das Zeug zum Sunbearer haben. Und es steht noch mehr auf dem Spiel: Wer den Wettkampf verliert, wird der Sonne geopfert.

Ja, nochmal Aiden Thomas. Weil die Figuren, die er erschafft einfach so großartig sind. Weil er in „Sol“ (bzw. Englisch „The Sunbearer Trials“) wie kein anderer einen spannenden Plot und einen originellen Weltenbau mit casual queerness verbindet. Weil die Charaktere so vielschichtig und voller Überraschungen sind. Ich liebe alles an diesem Buch.

Der Comic "Marvel Pride" liegt auf einem Hintergrund in den Farben der pansexuellen Pride Flagge.
© Julia Albrecht

8. Marvel Pride

Das riesige Marvel-Universum ist so bunt und vielfältig wie unsere eigene Welt. Ob Waschbär, Millionär oder überforderter Teenager, jede:r kann im Comic-Universum Superheld:in sein. Da ist ja eigentlich klar, dass die berühmten Comics auch von Menschen bevölkert sind, die nicht cis und heterosexuell sind. Höchste Zeit, dass sie mal ins Rampenlicht kommen! Diese Comic-Anthologie enthält nicht nur eine Sammlung von Geschichten der queeren Held:innen, die das Marvel-Universum bevölkern, sondern zeichnet auch die Entwicklung queerer Repräsentation in den Marvel-Comics nach.

Nicht nur Marvel-Fans zu empfehlen!

9. All die brennenden Fragen

Das Buch "All die brennenden Fragen" liegt auf einem Hintergrund in den trans Pride Farben.
© Julia Albrecht

Falls ihr cis seid, euch also mit dem Geschlecht identifiziert, dass euch bei der Geburt zugewiesen wurde, habt ihr wahrscheinlich einige Fragen zum Thema trans sein. Wie läuft eine Transition ab? Wie ist die rechtliche Lage für die Änderung von Name und Geschelchtseintrag? (Spoiler: Stand Juni 2023 schlecht, aber das Selbstbestimmungsgesetz ist zumindest in Arbeit.) Wie merkt man, dass man trans ist? Neugier ist prinzipiell etwas gutes, besonders wenn sie darauf abzielt, andere Menschen besser verstehen und unterstützen zu können. Es ist aber auch wichtig zu wissen, dass es nicht die Aufgabe von trans Menschen ist, immer wieder ihre Existenz zu erklären, denn das kann sehr ermüdend sein. Aber dafür gibt es ja großartige Bücher wie dieses!

In “All die brennenden Fragen” klärt Henri Maximilian Jakobs unterhaltsam und kurzweilig über viele Themen und Fragen auf, die cis Menschen häufig an trans Menschen haben. Hinten im  Buch befinden sich außerdem Interviews mit anderen trans Personen, denn deren Erfahrungen sind natürlich so vielfältig wie die Menschen selbst. Ein gutes Buch sowohl für Neulinge als auch für alle, die schon ein bisschen Vorwissen mitbringen.

Das Buch "Everlove" von Tanya Byrne liegt auf einem Hintergrund in den bisexuellen Pride-Farben.
© Julia Albrecht

10. Everlove

Ash ist 16 Jahre alt, als sie bei einem Autounfall stirbt. Dabei hatte sie noch so viele Pläne für die Zukunft – und vor allem war sie verliebt in Poppy. Doch für sie ist der Tod nicht das Ende. Sie wird zu einer Sensenfrau, die die Aufgabe hat, frisch Verstorbene ins Jenseits zu geleiten. Dabei ist alles, was sie will, Poppy noch einmal zu sehen. Aber Sensenfrauen können nur von Menschen gesehen werden, die bald sterben…

“Everlove” ist in bittersüßes Buch über Liebe, die vielleicht sogar den Tod überwinden kann. Es ist eher ruhig erzählt, der Fokus liegt ganz auf Ash’ und Poppys Beziehung. Wer “Am Ende sterben wir sowieso” von Adam Silvera mochte, wird auch dieses Buch mögen. (Auch hier bin ich großer Fan des Covers.)

Bonus

Falls ihr an noch ausführlicheren Liebeserklärungen für queere Bücher interessiert seid, in meiner Zeit in der Stadtbibliothek Erlangen hat sich auch einiges angesammelt:

Habt ihr noch weitere Empfehlungen? Immer her damit!

Happy Pride Month!

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10 queere Bücher (nicht nur!) zum Pride Month
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3 Kommentare zu „10 queere Bücher (nicht nur!) zum Pride Month

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