„Imogen, obviously“ ist die Geschichte einer jungen Frau, die daran gewöhnt ist, die heterosexuelle Verbündete all ihrer queeren Freund:innen zu sein, bis ein Ausflug zum College und eine neue Bekanntschaft alles verändern.

Das Buch "Imogen, Obviously" liegt auf einem Hintergrund aus bunten Büchern, die die bisexuelle Pride-Flagge bilden.
© Stadtbücherei Würzburg

Hetero, obviously

Imogen ist ein absoluter people-pleaser, ihr ist es ungeheuer wichtig, ihren Freund:innen immer alles recht zu machen. Umso nervöser ist, sie als sie ein Wochenende am College ihrer besten Freundin Lili verbringt – die sich in ein Lügennetz verstrickt hat und vor ihrem queeren Freundeskreis behauptet hat, dass Imogen bisexuell und ihre Exfreundin ist. Dabei ist sie definitiv hetero. Jeder hat schließlich mal eine Phase, wo er eine Schauspielerin anhimmelt und dieses Kribbeln im Bauch, wenn sie Zeit mit der Studentin Tessa verbringt, bildet sie sich bestimmt auch nur ein… Verwirrt sucht sie Unterstützung bei einer queeren Freundin, die ihr attestiert, dass sie auf jeden Fall hetero ist. Aber warum stellt sie sich dann vor, wie es wäre, Tessa zu küssen?

Unterhaltsam und lehrreich

Dieses Jugendbuch schafft die perfekte Balance zwischen einem locker-leichten Liebesroman und einem Coming-of-Age-Buch mit wichtigen Themen: Inneres Coming-out, Queerbaiting und Gate-Keeping in der queeren Community.

Noch nie von den Begriffen gehört? Hier kommt eine kurze Erklärung. (Achtung, Spoiler zur Geschichte!)

Inneres Coming-Out

Das innere Coming-Out ist der Prozess, den eine queere Person durchmacht, um selbst zu erkennen, dass sie:r queer ist. Für Imogen findet dieser Prozess erst mit 18 Jahren statt, weshalb sie hinterfragt, ob sie dann wirklich queer sein kann. Hätte sie das nicht früher merken müssen? Nein. Es gibt keine Deadline für ein (inneres) Coming-out.

Queerbaiting

Wörtlich übersetzt „mit queerem locken“. Bezeichnet eigentlich die Praxis, in Medien (Bücher, Filme, Serien etc.) Figuren so anzulegen, dass man sie als queer interpretieren kann, ohne dass sie je offiziell als queer bezeichnet werden. Für viele queere Menschen ist es enttäuschend, wenn Chancen auf Repräsentation sich am Ende als Marketing-Trick entpuppt, um sie als Zuschauer:innen zu gewinnen.

In „Imogen obviously“ beschuldigt Imogens Freundin reale Menschen des Queerbaitings. Das passiert leider auch in der Realität. Beispielsweise wenn Prominente sich auf eine bestimmte Art kleiden oder Schauspieler:innen queere Rollen spielen, ohne geoutet zu sein, wird ihnen häufig vorgeworfen, das wäre Queerbaiting. Das ist Quatsch. Niemand schuldet irgendwem ein Coming-out. Nur weil jemand beispielsweise in einer Serie einen bisexuellen Jungen spielt, heißt das nicht, dass er selbst auch bisexuell ist oder dass er es der Öffentlichkeit schuldet, sich zu outen. (So geschehen bei Heartstopper-Star Kit Connor.) Ein Outing ist eine ganz persönliche Sache, die jedem Menschen selbst überlassen sein sollte. Auch Imogen wird von einer Freundin vorgeworfen, Queerbaiting zu betreiben, während sie in Wahrheit gerade ihre Sexualität hinterfragt.

Gate-Keeping

Wörtlich übersetzt „Torwächter“. Es gibt Menschen innerhalb der queeren Community, die bestimmte Ansprüche und Kriterien an andere queere Menschen stellen: wie sie auszusehen haben oder wen sie zu daten haben. Bei Imogen ist das beispielsweise eine Freundin, die ihr sagt, ihr Kleidungsstil sei „nicht queer“ und wenn sie noch nie ein Mädchen gedatet hat, kann sie nicht bisexuell sein. Diese Art von Ausgrenzung in der eigenen Community kann gerade für junge queere Menschen verunsichernd sein. Es gibt nicht die eine Art „queer auszusehen“ und niemand muss die eigene Identität beweisen. Eine bisexuelle Person, die bisher nur ein Geschlecht gedatet hat, ist genauso bi wie eine Person, die schon Beziehungen mit verschiedenen Geschlechtern hatte. Gerade innerhalb einer marginalisierten Community sind solche Grabenkämpfe absolut unnötig.

Vom Mut, sich selbst zu vertrauen

Im Lauf des Buchs lernt Imogen, in ihre eigenen Gefühle zu vertrauen und sich nicht von anderen diktieren zu lassen, wer sie sein soll. Aus der Sicht einer Außenstehenden wird schnell klar, dass sie Gefühle für Tessa entwickelt und doch nicht so 100% hetero ist, wie sie immer dachte. Ausgerechnet eine queere Freundin erschwert ihr ihren eigenen Findungsprozess und spricht ihr ihre Gefühle ab, als sie eigentlich nur Unterstützung bei ihren Fragen braucht. „Imogen obviously“ ist ein kluges Buch über den Druck, den Erwartungen seines Umfelds zu entsprechen und wie schwierig ein inneres Coming-out sein kann. Aber auch darüber, wie befreiend es ist, wenn all die Puzzleteile auf einmal Sinn ergeben.

Ein Button mit der Aufschrift "Jetzt lesen", der zu "Imogen, obviously" im Katalog der Stadtbücherei Würzburg führt
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