Sayoko und ihr Freund Yôichi haben einen schweren Autounfall, Yoichi stirbt noch an der Unglücksstelle. Sayoko, die schwerverletzt überlebt, muss nach einer Art Nahtoderfahrung und einem langen Koma ins Leben zurückfinden. Nichts ist mehr so wie es einmal war. Ihre Interessen verändern sich, ihre Freunde ebenso wie ihre Einstellung zum Leben. Außerdem hat sie plötzlich eine besondere Gabe, sie kann die Geister verstorbener Menschen sehen. Nur langsam heilt ihre Seele, nur langsam schafft sie es, ihre Trauer um Yoichi zu lindern. Sie zieht vorrübergehend bei ihren Eltern ein und verbringt ihre Abende in einer Bar. Alles erscheint sinnlos, bis sie beschließt, sich um die Kunstwerke ihres verstorbenen Freundes zu kümmern. Als sie eines Tages den Geist einer toten Frau am Fenster eines abbruchreifen Hauses entdeckt, lernt sie Ataru kennen. Bald stellt sich heraus, dass es sich bei dem Geist um seine Mutter handelt. Die Freundschaft mit Ataru hilft ihr, das Leben wieder zu akzeptieren und neue Wege zu gehen.
Banana Yoshimoto erzählt in einer schlichten und bildreichen Sprache vom Verlust eines geliebten Menschen und dem Schmerz einer Trauernden. „Lebensgeister“ ist ein Requiem, eine Meditation über die hauchdünne Grenze zwischen Leben und Tod, die voller Reflexionen und Weisheiten östlicher Philosophien steckt. Die warmherzige Geschichte voller bewegender Bilder, spiegelt auch die Ambivalenz der japanischen Gesellschaft wider. Futurismus, Manga, Moderne und der Shintoismus, der Elemente des Buddhismus und Konfuzianismus zu einer religiösen Tradition Japans vereint, sind einige Komponenten dieses Romans Darüber hinaus kann „Lebensgeister“ auch als Plädoyer gegen die Tabuisierung des Todes in der Gesellschaft gelesen werden. Die eindringlichen Schilderungen der Einsamkeit und Innenwelten der Protagonistin und die Begegnung mit ihrem Schmerz und ihrer Katharsis ist an manchen Stellen zugegebenermaßen etwas sentimental, aber dennoch nie kitschig und verströmt eine tröstliche und sanfte Wirkung.
„Lebensgeister“ ist ein stilles und introspektives Buch, das sich in Stil, Inhalt und Sprache angenehm hervorhebt und nicht nur für Japan-Fans zu empfehlen ist.
Frank (WortWerkstatt)
Banana Yoshimoto – “Lebensgeister” bei der Stadtbücherei Würzburg