Herbstzeit ist Lesezeit! Und so freuten wir uns, dass Literaturwissenschaftlerin Dr. Isabel Fraas wieder bei uns zu Gast war. Sie stellte im Rahmen des Literaturabends „Bücher der Saison“ ihre persönliche Liste empfehlenswerter Bücher aus der Herbst-Saison vor. Viele Literaturinteressierte besuchten die Veranstaltung, die wir seit vielen Jahren in Kooperation mit der Domschule Würzburg, anbieten.
Wie gewohnt veranstalteten wir die „Bücher der Saison“ im Herbst kurz nach der Frankfurter Buchmesse. Nach einer knappen Erwähnung des diesjährigen Buchpreises rückte unsere Referentin dafür einen anderen, hoch dotierten Literaturpreis in den Fokus, den Siegfried Lenz Preis. Mit diesem Preis werden internationale Schriftstellerinnen und Schriftsteller zweijährlich ausgezeichnet. Dieses Jahr durfte sich die irische Schriftstellerin Claire Keegan über den Preis freuen. Unsere Referentin ist voll des Lobes für Keegans Bücher: wie Reichlich spät, Das dritte Licht oder Kleine Dinge wie diese. Darin rückt Keegan bescheidene Existenzen in den Mittelpunkt. Ihre meist nicht sehr umfangreichen Romane zeichnen sich umso mehr durch eine dichte Prosa aus.
Ehrengast der Frankfurter Buchmesse: Italien
Da Italien Ehrengast der diesjährigen Buchmesse war, stellte Isabel Fraas zwei italienische Schriftstellerinnen näher vor:
Der Roman In den Wald von Maddalena Vaglio Tanet begeisterte unserer Referentin. Die Hauptfigur, eine Lehrerin, ereilt ein schweres Trauma, da sich eine ihrer Schülerinnen umbringt. Sie flieht in den Wald. Wie sich die junge Frau mit ihrem Trauma auseinandersetzt, findet unsere Referentin exzellent in poetischer Sprache umgesetzt. Mit Kalte Füße verfasst Francesca Melandri einen autofiktionalen Roman über den eigenen Vater. Es geht um die Aufarbeitung italienischer Geschichte, die allzu oft in Vergessenheit gerät.
Schlaglicht auf historische Romane
Das Genre des historischen Romans hob die Literaturwissenschaftlerin an diesem Abend besonders hervor. Sie präsentierte zwei Romane, die das Genre neu interpretieren und eine Wiederentdeckung lohnenswert machen. Beide Romane greifen Frauen-Figuren oder Ereignisse, die unmittelbar Frauen betreffen, auf, die bislang von der Geschichte vernachlässigt wurden. Wie zum Beispiel der Roman Die Villa der Architektin, in der das Leben der ersten Architektin in Rom im 17. Jahrhundert sehr gut recherchiert von Autorin Melania Mazzucco dargestellt wird. Oder Julia Malye erzählt in La Louisiane, wie 1720 Frauen aus der psychiatrischen Anstalt Salpêtrière in Paris der damaligen französischen Kolonie La Louisiane “zugeführt” und so ans Ende der Welt verschifft wurden.
Der weitere Abend war mit tollen Lesetipps zu nationalen und internationalen Autorinnen und Autoren bestens gefüllt.
Ein persönliches Highlight zum Abschluss
Ihr persönliches Buch-Highlight in dieser Saison verriet uns die Literaturwissenschaftlerin ebenfalls. Für Ein klarer Tag von Carys Davies sprach sie eine klare Leseempfehlung aus und riss uns alle mit ihrer Begeisterung für diesen Text mit. Der Roman, der eigentlich eine Novelle ist, spielt Mitte des 19. Jahrhunderts auf den Shetland-Inseln. Ein verarmter Pfarrer wird dorthin geschickt, um den letzten verbliebenen Bewohner von der Insel wegzuschaffen. Wie sich die Geschichte in diesem wunderbar kammerspielartigen Setting weiterentwickelt, ist unbedingt lesenswert!
Also, es gibt wieder viel zu entdecken und neue Literatur zu erleben! Wir danken Isabel Fraas ganz herzlich für ihre interessante und mitreißende Buch-Präsentation!
Die Bücher im Überblick
Alle Bücher könnt ihr selbstverständlich bei uns ausleihen!
Maddalena Vaglio Tanet: In den Wald
Francesca Melandri: Kalte Füße
Daniela Krien: Mein drittes Leben
Hanna Meretoja: Die Nacht der alten Feuer
Laura Spence-Ash: Und dahinter das Meer
Richard Powers: Das große Spiel
Rachel Eliza Griffiths: Was ihr uns versprochen habt
Tommy Orange: Verlorene Sterne
Melania G. Mazucco: Die Villa der Architektin
Dror Mishani: Fenster ohne Aussicht. Tagebuch aus Tel Aviv
Samantha Harvey: Umlaufbahnen (erscheint Mitte November)