Die Haupstelle der Bibliothek in Umeå © Marlene Saß

Unsere Azubine Marlene hat letzten Winter ein Auslandspraktikum in Schweden gemacht und viele spannende Eindrücke gewonnen, an denen sie euch hier teilhaben lässt. Sie war für drei Wochen in Umeå, im Norden von Schweden (gesprochen: „Ümeo“) und da sie so viel erlebt hat, haben wir ihren Bericht in drei Teile aufgeteilt, für jede Woche einen. Viel Spaß mit Teil 1!

Sonntag: Der erste Tag in Schweden

In Schweden kann man auch sonntags einkaufen gehen. Das war natürlich das Erste, was ich tat, da ich meiner Mitbewohnerin nichts wegessen wollte. In Schweden zahlt eigentlich niemand mit Bargeld, ich glaube, die Supermärkte haben gar keine Kassen mehr, nur das Kartengerät. Zumindest wird man nie gefragt wie man zahlen möchte, da eh alle mit Karte zahlen. Gut für mich, so musste ich kein Bargeld abheben.

Die Sonne schien, aber es war ziemlich frisch. Ich lief die vier Minuten zur Bibliothek und schaute mich schon einmal um. Das Gebäude ist riesig und ich war wirklich froh, heute schon zu schauen, wo ich morgen hinmusste, da es sechs Eingänge gibt. Das Innere war belebt, einige Menschen lasen, lernten oder nutzten das Café zum Plaudern. Außerdem entdeckte ich (von außen) einen Raum, der von oben bis unten mit pinkem Flaschenfell verkleidet war. Ich war sehr gespannt, was es damit auf sich hatte.

der pinke Raum © Marlene Saß

Montag: Das Rätsel des pinken Raumes

Spoiler: der Flauschefell-Raum ist ein Museum über die Geschichte der Frauen, momentan mit Fokus auf die #Metoo Debatte. Mein Tag begann um 11 Uhr, was natürlich sehr entspannt war, vor allem, weil ich so nah an der Bibliothek wohnte. Ich bekam eine allgemeine Einführung von einer der beiden Chefinnen und machte meine Mittagspause.

Wieder zurück gab mir Lennart, mein Hauptverantwortlicher, mit dem ich schon viele Mails geschrieben hatte, eine komplette Hausführung. Das Haus hat 25 000 m² und 50–55 Angestellte alleine für die Bibliothek. Das Haus heißt „Väven“, was übersetzt „Welle“ bedeutet, da in dem kommunalen Haus auch Dinge wie eine Kunsthalle, Museum (pinker Raum) und Kino ineinander übergehen und zusammenarbeiten. Die Bibliothek nimmt zwar am meisten Raum ein, ist dafür aber auch ganz schön über die vier Stockwerke und zwei Häuser verteilt. Und ich dachte damals, die Würzburger Bibliothek ist verwirrend…

Nachdem ich an die 100 Mitarbeiter:innen kennengelernt hatte und mir keinen einzigen Namen merken konnte, waren wir nach zwei Stunden mit der Hausführung fertig. Ich war schon etwas überwältigt von all den Informationen und Möglichkeiten, die die Bibliothek bietet und es ist natürlich irre, dass eine Bibliotheksführung zwei Stunden dauert, obwohl wir nur sehr oberflächlich geblieben sind (Lennart wollte nichts für die kommenden Wochen spoilern). Nachdem Lennart mich für seine Mittagspause verließ, lief ich noch einmal durchs Haus und machte erste Fotos. Ich erkundete gleich, was es mit dem pinken Raum auf sich hatte und fragte im Kino nach, ob dort auch Filme mit Untertiteln oder in Englisch laufen. Taten sie. Als ich die Bibliothek verließ, wurde es schon dunkel, joggen ging ich nicht mehr (oh nein). Dafür setzte ich mich gleich hin und schrieb brav mein Berichtsheft, außerdem musste ich noch meinen morgigen Kontakten Mails schreiben, wo wir uns denn je treffen.

Dienstag: Im Sprachcafé

Deutsche hatten Feiertag, die Schweden arbeiteten aber trotzdem. Ich hatte bei der Führung gestern zwar aufgepasst, lief aber trotzdem erst einmal ins falsche Stockwerk. Zum Glück half mir eine liebe Dame aus dem Team, den Sitzungsraum im großen Personalraum zu finden. Dort traf ich Frau Östmann, die mir die Website der Bibliothek zeigte und vieles dazu erklärte. Ich machte Pause und traf dann die nächste Kollegin, die mir die Vorgänge für den internen und externen Leihverkehr beschrieb. Ich merkte immer wieder, dass es von Vorteil ist, Deutsch zu sprechen. Denn die älteren Angestellten, deren Englisch manchmal etwas haperte, konnten sich mit schwedischen Worten aushelfen, sodass ich es wirklich oft trotzdem verstand. Schließlich war ich eine Stunde an einer der Infos und stellte viele Fragen über den Ablauf der normalen Bibliotheksvorgängen. Ich wollte wissen, wie viel Mahngebühren kosten, welche Angebote es gibt, was die Aufgaben der Info sind…

Kurz vor fünf sollte ich dann zu Frau Karlström gehen und ihr beim Sprachcafé helfen. Da die Dame nicht wusste, dass ich mir schon mal ein Stück vom Finger abgeschnitten habe, ließ sie mich das Obst kleinschneiden. Alles noch dran. Wir bereiteten alles Weitere vor und begrüßten die ersten Menschen aus aller Welt. Die Leute kommen her, um ihr Schwedisch zu üben und miteinander zu quatschen. Heute war ein Musikquiz dran, in meinem Team waren ein schwedischer Architekturstudent und eine Rentnerin aus Columbien. Wir haben gewonnen!

eine Kunstausstellung in Umeå
eine Kunstausstellung in Väven © Marlene Saß
rote Sitzplätze in Umeå
Sitzplätze in der Bibliothek © Marlene Saß
Regale in Umeå
ein Bereich im 3. Stock © Marlene Saß

Mittwoch: Film ab für deutsches Vorlesen!

Heute war der erste Tag, an dem wirklich schlechtes Wetter war und ich dachte, dass ich für meinen kurzen Fußweg keinen Schirm nötig hätte (bereute es aber schnell). Als Erstes stand ein Treffen mit Frau Crone auf dem Plan, die mir das Apfelregal zeigte – Äpfel stehen für Weisheit. Dort stehen Bücher für Menschen mit Einschränkungen oder Lernschwierigkeiten zusammen.

Dann besuchte ich die Bilderbuchstunde für Kinder und versuchte eifrig mit zuklatschen und zu singen (weniger erfolgreich). Ich wurde gebeten, für ein Sprach-Kinderevent ein Bilderbuch für eine Videoaufnahme auf Deutsch vorzulesen, was ich natürlich gerne machte.

Da ich es schon fast vermisste, half ich ein wenig Einstellen, dann machte ich Pause. Ich war an der Info im 4 OG. eingeteilt und lernte, dass Deutsch auf Schwedisch „Tyska“ heißt, denn mir wurden die Regale mit all den verschiedenen Sprachen, die die Bibliothek anbietet, gezeigt. Es sind über 50!

Außerdem hatte ich ein Meeting mit den beiden Leiterinnen der Bibliothek und wir sprachen über Nachhaltigkeit, wie weit die Stadt Umeå als Ganzes ist und was die Bibliothek alles unternimmt (erstaunlich wenig, aber die Stadt ist einfach als Ganzes auch schon um einiges weiter als wir). Dabei war ein wahrer Kernsatz von Frau Karlström „Schon alleine die Grundidee einer Bibliothek ist nachhaltig“.

das Regenbogen-Regal © Marlene Saß

Donnerstag: Das Regenbogenregal

Ich hatte sogar einen eigenen Schreibtisch, habe ihn aber eigentlich nur benutzt, um morgens meine Jacke dort zu lassen (natürlich die dicke Winterjacke, denn es war mittlerweile wirklich kalt). Mein erster Termin betraf das Regenbogenregal, das Bücher und Zeitschriften für und über die LGBTQIA+ Community hat. Die Bibliothek organisiert auch oft Treffen für alle Interessierten zum miteinander reden und kennenlernen. Aber das beeindruckendste war einfach, dass es das Regal schon seit 10 Jahren gibt! Schweden hat uns wirklich vieles voraus.

Ich ging dann in den zweiten Stock, in dem ich bis jetzt nur einmal kurz für die Hausführung war. Dementsprechend musste ich jemanden nach dem Weg fragen. Mir wurde dort das öffentlich zugängliche Magazin gezeigt. Die Bibliothek fungiert auch als Archiv, aber es ist alles ausleihbar. Außerdem gab es hier ein Bügeleisen, eine Nähmaschine und Wolle, die man nutzen kann.

Ich machte Pause und war dann noch im 4. Stock an der Info. Ich konnte nicht allzu viel helfen, außer ein wenig einzustellen und sonst unterhielt ich mich lange mit dem Kollegen, mit dem ich nächste Woche im Bücherbus unterwegs sein würde.

Außerdem gab es hier Puzzles, Bastelsachen und Spiele nach denen Kinder fragen können, um diese in der Bibliothek zu spielen, das fand ich wirklich schön.

Freitag: Bastelstunde

Eine der schönen Sachen hier war, dass meine Tage meistens um 9 oder 10 Uhr begannen und ich so einen langsamen Morgen hatte, mit gemütlich Zeit zum Aufstehen und in Ruhe Frühstücken. Ich konnte kaum glauben, dass schon eine Woche vorbei ist.

Als Erstes stand das Arbeiten an der Info bei den Sachbüchern im dritten Stock auf dem Plan. Die beiden Kolleginnen dort waren, wie alle anderen, wirklich lieb und zeigten mir alles. Wir kamen ein wenig ins Plaudern, bis ich Pause hatte.

Ich hatte mich schon die ganze Woche auf die Bastelstunde gefreut, bei der ich ab 13 Uhr helfen sollte. Helfen tat ich zwar eigentlich nicht wirklich, aber dafür umso mehr Basteln. Heute wurden Schlüsselanhänger gemacht und ich saß am Ende zwei Stunden und machte vier Stück (Weihnachtsgeschenke für Eltern). Im Anschluss an die Bastelstunde gab es eine Musizierstunde, bei der ein Kollege mit der Gitarre Kinderlieder begleitete. Das einzige Lied, dass ich kannte, ist Pipi Langstrumpf, daher war ich keine sehr aktive Teilnehmerin.

Danach hatte ich noch einmal eine Schicht an der Info und ließ mir von Frau Johansson zeigen, wie die Bibliothek katalogisiert. Vieles ist ähnlich wie bei uns, nur die Klassifikation und die IT-Systeme sind anders.

Bastelsets für Kinder © Marlene Saß
Ein Podcastraum in Umeå
Ein Raum, um Podcasts zu erstellen © Marlene Saß
Signaturschilder in Umeå
Signaturschilder in Umea © Marlene Saß

Hier kommt ihr zu Teil 2.

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Auslandspraktikum in Umeå – Teil 1
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4 Kommentare zu „Auslandspraktikum in Umeå – Teil 1

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